Schreibkompetenz: Zusammenfassungen
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Institut für Germanistik
Gerd Fritz
 

Problemtypen 6 - Redekennzeichnende Ausdrücke

1. Wozu und wie verwendet man redekennzeichnende Ausdrücke?
2. Zum Wortschatz der Redekennzeichnung in wissenschaftlichen Texten
3. Übungen

1. Wozu und wie verwendet man redekennzeichnende Ausdrücke?

In Textzusammenfassungen, Hausarbeiten und anderen wissenschaftlichen Texten werden häufig Gedanken und Darstellungen aus anderen wissenschaftlichen Texten wiedergegeben. Wie wir in Problemtypen 1 - Textwiedergabe erklärt haben, ist Textwiedergabe eine Form der Redewiedergabe, in der redekennzeichnende Ausdrücke (auch funktionskennzeichnende Ausdrücke genannt) eine wichtige Rolle spielen. Mit den redekennzeichnenden Ausdrücken geben wir wieder, wie wir Sätze oder Textteile in einem Ausgangstext verstehen, beispielsweise als Beschreibung, als Erklärung oder als Bewertung. Natürlich können wir auch unsere eigenen Absichten in einem Text mit redekennzeichnenden Ausdrücken signalisieren, z.B. wenn wir ankündigen, dass wir im nun folgenden Abschnitt unserer Arbeit die Grundannahmen der Theorie T1 diskutieren wollen.
Hier geben wir zunächst einige Beispiele für redekennzeichnende Ausdrücke unterschiedlicher syntaktischer Form und unterschiedlicher Komplexität

Beispiele für redekennzeichnende Ausdrücke

  • behaupten, beschreiben, darstellen, bewerten, analysieren, untersuchen, diskutieren;
  • Behauptung, Einwand, Kritik, Argument;
  • eine Auffassung vertreten, eine These formulieren, eine Regel formulieren, eine Vermutung/ Bedenken/ Zweifel/ Kritik äußern, ein Beispiel geben, einen Hinweis geben auf, Methoden reflektieren;
  • etwas anhand eines Beispiels illustrieren/ verdeutlichen, sich mit einer Position detailliert auseinandersetzen, einen Beitrag zur Weiterentwicklung einer Theorie leisten

Bei der Verwendung von redekennzeichnenden Ausdrücken in der Textwiedergabe spielen vor allem zwei Prinzipien eine Rolle, die auch miteinander zusammenhängen, das Prinzip der Originaltreue und das Prinzip der Genauigkeit. In anderen Worten: Man sollte versuchen, die Intentionen des Autors wiederzugeben, die er mit seinem Text oder mit Teilen seines Texts verfolgt, und man sollte versuchen, das ausreichend genau zu tun. Nehmen wir an, ein Autor beschreibt in einem Abschnitt seines Texts Eigenschaften einer Theorie T und lässt erkennen, dass dies Eigenschaften einer schlechten Theorie sind. In diesem Fall wäre die Reichweite seiner Intention wohl nicht ausreichend genau getroffen, wenn wir sie wie in (1) angeben würden, schon eher mit der Angabe (2)

(1)  A beschreibt im letzten Abschnitt dieses Kapitels die Eigenschaften der Theorie T
(2)  A setzt sich kritisch mit der Theorie T auseinander, indem er problematische Eigenschaften dieser Theorie zeigt.

Zur Dosierung der Genauigkeit können unterschiedlich spezifische Kennzeichnungen nötig sein. Eine häufig verwendete, relativ unspezifische Kennzeichnung eines Textstücks ist der Ausdruck Darstellung. So sprechen wir in einem der Abschnitte dieses Textstücks beispielsweise von unserer Darstellung des funktionalen Textbausteins Beschreibung. Eine Darstellung kann eine Beschreibung sein oder eine Diskussion, d.h. mit den Ausdrücken Beschreibung und Diskussion macht man spezifischere Angaben zur Art der Handlung als mit Darstellung. Eine spezielle Form der Beschreibung, die darin besteht, einzelne Gegenstände in Teilmengen zu ordnen, können wir als Klassifizierung bezeichnen. Weitere Spezifizierungen kann man durch die Hinzufügung von Attributen machen: eine polemische Diskussion, eine detaillierte Beschreibung, eine Analyse mit strukturalistischen Methoden.

Zur Auseinandersetzung mit einem Ausgangstext kann auch eine kritische Stellungnahme gehören, die man aber als solche erkennbar machen sollte. Nehmen wir an, ein Autor versucht eine These zu beweisen, indem er Argumente für diese These vorbringt. Nun kann es sein, dass uns diese Argumente nicht überzeugen. In diesem Fall würden wir seinen Text nicht mit (3) beschreiben, sondern vielleicht mit (4) oder (5):

(3)  A beweist im ersten Kapitel seines Buches seine These, dass ...
(4)  A versucht im ersten Kapitel seines Buches seine These zu beweisen.
(5)  A bringt im ersten Kapitel seines Buches Argumente für seine These vor.
PROBLEM Bei der Kennzeichnung von sprachlichen Handlungen und Textelementen gibt es häufig Probleme mit folgenden Aspekten:
  • die Kennzeichnung gibt die Intention des Autors (die Funktion des Textelements) nicht korrekt wieder,
  • die Kennzeichnung gibt die Intention/ Funktion nicht ausreichend genau wieder,
  • der Grad der Spezifik der Kennzeichnung wird nicht bedacht,
  • die Rolle der eigenen Stellungnahme wird nicht bedacht bzw. nicht deutlich gemacht.
TIPP Machen Sie sich selbst eine Liste nützlicher redekennzeichnender Ausdrücke.
Benutzen sie dazu die Beispiele aus diesem Textbaustein. Notieren Sie sich derartige Ausdrücke, wenn Sie Rezensionen oder Forschungsberichte lesen. Beobachten Sie, welche Ausdrücke die Autoren wissenschaftlicher Texte selbst verwenden, um ihre Handlungen zu charakterisieren. Experimentieren Sie mit dem Grad der Genauigkeit und der Differenzierung unterschiedlicher Kennzeichnungen.

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2. Zum Wortschatz der Redekennzeichnung in wissenschaftlichen Texten

Für die Wiedergabe der wissenschaftlichen Handlungsformen, die sich in Texten zeigen, hat sich in ein Wortschatz eingebürgert, den man kennen muss, um ausreichend differenzierte Redekennzeichnungen machen zu können. Dieser Wortschatz ist in unterschiedlichen Wissenschaften oder Zweigen einer Wissenschaft unterschiedlich. Im Folgenden wollen wir einige Beispiele für redekennzeichnende Ausdrücke geben, die in der Linguistik häufig verwendet werden. Diese Beispiele erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Sie dienen vor allem dem Zweck, Ihre Aufmerksamkeit auf Möglichkeiten und Probleme der Redekennzeichung zu lenken. Sie sind geordnet nach den Aspekten von Texten, die man damit kennzeichnen kann.

2.1 Kennzeichnung von einzelnen sprachlichen Handlungen und ihren Aspekten

Bei der Textwiedergabe werden häufig einfache sprachliche Handlungen erwähnt, die typischerweise mit einem Satz realisiert werden. Beispiele dafür sind behaupten, begründen, bezweifeln, einen Einwand machen, fragen, fordern, empfehlen, darauf hinweisen, dass
Auch Teile oder Aspekte sprachlicher Handlungen können bei Textwiedergaben berücksichtigt werden. Wir sagen z.B., dass jemand

  • auf einen bestimmten Gegenstand Bezug nimmt (referiert),
  • mit einem Satz einen bestimmten Sachverhalt ausdrückt,
  • einen bestimmten Ausdruck verwendet,
  • bei einer Feststellung eine bestimmte Voraussetzung macht,
  • einen Einwand macht, indem er feststellt, dass etwas Bestimmtes nicht der Fall ist.

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2.2 Kennzeichnung von funktionalen Textbausteinen

Eine Gruppe von redekennzeichnenden Ausdrücken, die in der Linguistik eine wichtige Rolle spielen, haben wir im Zusammenhang unserer Darstellung von funktionalen Textbausteinen behandelt: Definieren (Definition) Argumentieren (Argument), Beschreiben (Beschreibung), Bewerten (Bewertung). Wie wir in unserer Darstellung des funktionalen Textbausteins Beschreibung festgestellt haben, ist das Beschreiben ein grundlegender Teil der wissenschaftlichen Praxis der Sprachwissenschaft. Dementsprechend werden auch die redekennzeichnenden Ausdrücke beschreiben und Beschreibung häufig verwendet. Wie wir in dieser Darstellung ebenfalls gezeigt haben, ist es wichtig, das Beschreiben von anderen Handlungsformen zu unterscheiden, z.B. dem Empfehlen, dem Erklären oder dem Analysieren.

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2.3 Kennzeichnung von Aspekten einer Argumentation

Typische Ausdrücke zur Kennzeichnung von Aspekten einer Argumentation sind:

  • einen Einwand machen,
  • sich gegen eine Auffassung wenden,
  • ein Argument vorbringen,
  • ein Argument entkräften,
  • eine These stützen,
  • eine Behauptung beweisen,
  • eine Annahme begründen,
  • eine Voraussetzung machen,
  • einen Begriff klären,
  • auf einen Widerspruch aufmerksam machen.

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2.4 Kennzeichnung von Aspekten des Textaufbaus (z.B. der Themengestaltung)

Aspekte des Textaufbaus kann man u.a. mit folgenden Ausdrücken kennzeichnen:

  • einleitend ein Problem darstellen,
  • einen Sachverhalt darstellen,
  • ein Problem/ eine Fragestellung/ einen Gegenstand behandeln/ aufgreifen,
  • ein Thema einführen/ behandeln/ abhandeln,
  • sich mit einem Thema beschäftigen,
  • sich einem Thema widmen,
  • einen Überblick geben,
  • abschließend Ergebnisse formulieren/ zusammenfassen.

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3. Übungen

Aufgabe 1

Aufgabe 1 - Zur Musterlösung
Geben Sie an, in wiefern die folgende Redekennzeichnung schlecht ist
(1)  Die Bedeutung eines Wortes besteht in seiner Gebrauchsweise. Dies wird von Wittgenstein beschrieben, indem er den Paragraphen 43 der "Philosophischen Untersuchungen" zitiert.

Aufgabe 2

Aufgabe 2 - Zur Musterlösung
Geben Sie an, in wiefern die folgende Redekennzeichnung schlecht ist Beschreiben Sie den Aufbau des folgenden Textstücks, indem Sie redekennzeichnende Ausdrücke verwenden.

(a) Satzglieder sind diejenigen Konstituenten, die direkt von Verb (Prädikat) abhängig sind, oder das Verb (Prädikat) modifizieren. Satzglieder sind selbst keine Kategorien, so wie 'Subjekt von etwas sein' keine Kategorie, sondern eine Funktion eines Elements einer bestimmten Kategorie ist. [...]
(b) Den Unterschied zwischen Kategorie und Funktion illustrieren folgende Beispiele für Satzglieder im Deutschen:

(1)  a. Das Kind hat die Tiger gesehen
das Kind (NP) = Subjekt, die Tiger (NP) = Objekt
(2)  b. Das Kind haben die Tiger gesehen
das Kind (NP) = Objekt, die Tiger (NP) = Subjekt

(vgl. Wöllstein-Leisten, A./ Heilmann, A./ Stepan, P./ Vikner, St. (1997): Deutsche Satzstruktur. Grundlagen der syntaktischen Analyse. Tübingen, 35.)

Aufgabe 3

Aufgabe 3 - Zur Musterlösung
In einem Forschungsbericht zum Zweitspracherwerb berichtet der Verfasser mit (3) von einer empirischen Untersuchung eines Autors Maier. 1. Geben Sie mit redekennzeichnenden Ausdrücken die sprachlichen Handlungen des Verfassers von (3a/b) wieder. 2. Notieren Sie die redekennzeichnenden Ausdrücke, mit denen der Verfasser die Handlungen von Maier kennzeichnet.
(3)  (a) Maier vertritt die Auffassung, dass der Nutzen von Korrekturen im Zweitspracherwerb weit überschätzt wird, und begründet dies mit dem empirischen Befund in seinem Datenmaterial, das häufige Wiederholungen des ursprünglichen Fehlers nach Korrekturhandlungen der Lehrpersonen zeigt. (b) Diese Begründung erscheint aber nicht sehr stark, da in Maiers Material die verschiedenen Formen der Korrektur nicht in ausreichender Vielfalt repräsentiert sind.

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