Problemtypen 1 - Probleme bei der Textwiedergabe
1. Was verstehen wir unter Textwiedergabe?
2. Die Wiedergabe der wichtigsten Aspekte eines Texts
2.1 Das Thema des Texts und einzelner Textteile
2.1.1 Wie erkennt man das Thema eines Texts oder
Textteils?
2.1.2 Wie formuliert man eine Themenwiedergabe?
2.2 Die Wiedergabe der Funktion eines Textteils
2.2.1 Wie erkennt man die Funktion eines Textteils?
2.2.2 Wie formuliert man die Funktion eines Textteils?
2.3 Wiedergabe des thematischen und funktionalen
Gesamtaufbaus eines Texts
2.4 Die Wiedergabe von einzelnen Sätzen eines Texts
2.4.1 Die Wiedergabe der Funktion eines Satzes
2.4.2 Die Wiedergabe des ausgedrückten Sachverhalts
2.4.3 Die Wiedergabe in direkter Rede: Das Zitieren
2.4.4 Die Wiedergabe in indirekter Rede
Die Wiedergabe von Texten und Textteilen (Textwiedergabe) ist eine Form der
Redewiedergabe.
Genau wie man ein Gespräch wiedergeben kann, kann man auch einen Text
wiedergeben.
Man verwendet dafür z.T. auch dieselben Formulierungen, z.B. Maier
behauptet, dass diese These von Müller falsch ist.
Die wichtigsten Aspekte für die Textwiedergabe in Zusammenfassungen sind
normalerweise:
- das Thema des Textes und einzelner Textteile (z.B. Kapitel,
Abschnitte)
- die Funktion des Texts und einzelner Textteile (z.B. Kapitel,
Abschnitte)
- der thematische Aufbau des Texts
- die Struktur der Argumentation (allgemeiner: die funktionale
Struktur, denn nicht immer sind wissenschaftliche Texte oder Textteile primär
argumentativ, vgl. Argument/ Argumentation)
- die Funktion einzelner Sätze
- die in einem Abschnitt oder mit einem Satz ausgedrückten
Sachverhalte (man sagt manchmal: der Inhalt)
- die sprachliche Form einzelner Sätze (z.B. die Wiedergabe von
Formulierungen des Originals)
Grundsätzlich können alle Aspekte von Texten bei der Textwiedergabe
berücksichtigt werden (vgl. Tipps zum
Schreiben von Zusammenfassungen).
Für die Wiedergabe der einzelnen Aspekte von Texten gibt es typische
Formulierungen und auch typische Probleme, die wir im Folgenden kurz darstellen.
Nach oben
Die Angabe des Themas von Texten und Textteilen (z.B. von Kapiteln oder
Abschnitten)
gehört zur den wichtigsten Bausteinen einer zusammenfassenden Textwiedergabe.
Beim Schreiben einer Zusammenfassung stellen sich in diesem Zusammenhang vor
allem zwei Fragen:
1. Wie erkennt man das Thema eines Texts oder Textteils?
2. Wie formuliert man eine Themenwiedergabe?
Nach oben
a. Das Thema eines wissenschaftlichen Buches oder Aufsatzes wird zumeist
als Titel angegeben, z.B.
(1) |
Historische Pragmatik
|
(2) |
Die syntaktische Struktur der Nominalphrase
|
Manchmal wählen die Autoren aber auch originelle Titel, die das Thema des
Buches nicht erkennen lassen, z.B.:
(3) |
Das höchste der Gefühle (Heringer 1999)
|
(4) |
Women, fire, and dangerous things (Lakoff 1987)
|
In beiden Fällen handelt es sich um Bücher zu Themen der Semantik. Das
findet man heruas, wenn man sich die Untertitel der Bücher genau anschaut:
(5) |
Empirische Studien zur distributiven Semantik
|
(6) |
What categories reveal about the mind
|
In manchen Fällen versteht man den Titel des Buches aber auch erst, wenn man
mindestens das Vorwort liest und das Inhaltsverzeichnis überblickt.
b. Das Thema eines Kapitels wird meistens als Kapitelüberschrift
formuliert, wie in (7):
(7) |
Wittgensteins instrumentalistische Zeichenauffassung
|
Die beiden wichtigsten Formen der Themaformulierung in wissenschaftlichen
Texten sind:
1. die Verwendung eines Nominalausdrucks:
(8) |
Der metaphorische Gebrauch von Modalverben
|
2. die Verwendung eines Satzes mit Fragewort:
(9) |
Warum ändert sich die Sprache?
|
(10) |
Warum sich die Sprache ändert
|
Manchmal werden allerdings in Kapitelüberschriften auch Angaben zur Funktion
aufgenommen, wie in (11):
(11) |
Einwände gegen die Vorstellungstheorie der Bedeutung
|
Mit Einwände gegen wird die Funktion des Kapitels
gekennzeichnet.Gegenstand ist die Vorstellungstheorie der Bedeutung (in
kritischer Perspektive).
In gut geschriebenen wissenschaftlichen Büchern werden oft im Vorwort oder
im Einleitungskapitel Hinweise auf Thema und Funktion einzelner Kapitel
gegeben, etwa folgendermaßen:
(12) |
1"Das Buch besteht aus fünf Teilen mit insgesamt zwanzig Kapiteln. Im ersten
Teil werden zwei prototypische Zeichenauffassungen einander gegenübergestellt"
(Keller 1995, 13).
|
(13) |
"In Kapitel II werden unterschiedliche Methoden, die Sprache zu analysieren,
einander gegenübergestellt" (Grewendorf 1995, 11).
|
Man erfährt in diesen Ankündigungen, dass das Thema des ersten Teils
zwei prototypische Zeichenauffassungen sind (12) bzw.dass das Thema des 2.
Kapitels unterschiedliche Analysemethoden sind (13). In beiden Fällen erfährt
man, dass die Funktion des Teils des Buches bzw. des Kapitels eine
Gegenüberstellung ist. Nun weiß man schon viel über den Aufbau des
Buches bzw. des Kapitels.
TIPP |
Es lohnt sich meistens, das Vorwort oder das Einleitungskapitel eines
wissenschaftlichen Buches zu lesen, auch wenn man nicht das ganze Buch lesen
will.
|
c. Das Thema eines Abschnitts wird häufig im ersten Satz des Abschnitts
angegeben wie in (14) und (15) oder auch zusammenfassend im letzten Satz des
Abschnitts, wie in (16):
(14) |
Die Interpretation des § 43 der "Philosophischen Untersuchungen" bereitet immer
wieder Schwierigkeiten.
|
(Thema: Die Interpretation des § 43 der "Philosophischen Untersuchungen")
(15) |
Eine solche Bedeutungskonzeption hat allen anderen gegenüber entscheidende
Vorteile: (Keller 1995, 68)
|
(Thema: Vorteile einer Gebrauchstheorie der Bedeutung)
(16) |
Dieses sind also, kurz zusammengefasst, die wichtigsten Vorteile einer
Gebrauchstheorie.
|
(Thema: Die wichtigsten Vorteile einer Gebrauchstheorie)
Wenn das nicht der Fall ist, kann man nach besonders häufig gebrauchten
Substantiven suchen, insbesondere nach Fachausdrücken. Nehmen wir an, in einem
Abschnitt wird mehrfach der Ausdruck Polysemie oder Infinitiv-Partikel
verwendet, dann wäre es eine aussichtsreiche Hypothese anzunehmen, dass das
Thema des Abschnitts die Polysemie oder die Infinitiv-Partkel ist.
In vielen Fällen ist es aber nicht so leicht zu entscheiden, was das Thema
eines Abschnitts ist. In solchen Fällen muss man nach anderen Indizien suchen,
was für den Autor bei diesem Abschnitt im Vordergrund seiner Aufmerksamkeit
steht oder was ihm besonders wichtig ist. Manchmal hilft dabei die Beachtung
von Hervorhebungen durch Fettdruck (z.B. Verb-Zweit-Stellung) oder von
Formulierungen wie "besonders hervorzuheben ist (die Rolle der Partikeln)".
Nach oben
Hier einige Beispiele für Themenwiedergaben:
(1) |
In Abschnitt 5 behandelt Maier die wichtigsten Probleme der
Vorstellungstheorie. (Thema: die wichtigsten Probleme der Vorstellungstheorie)
|
(2) |
In Abschnitt 9 beschäftigt sich Müller mit einigen Missverständnissen des § 43
der "Philosophischen Untersuchungen" Wittgensteins.
(Thema: einige Missverständnisse des § 43 der "Philosophischen Untersuchungen"
Wittgensteins.)
|
Diese Themenwiedergaben bestehen aus zwei Teilen, dem einleitenden Ausdruck
und der eigentlichen Themenangabe. Folgendes sind Beispiele für die
Einleitung von Themenwiedergaben:
(3) |
Der Verfasser behandelt
|
(4) |
Der Verfasser beschäftigt/ befasst sich mit
|
(5) |
Der Verfasser stellt ... dar
|
(6) |
Gegenstand des ersten Teils der Arbeit ist
|
(7) |
Zentrales Thema dieses Kapitels ist
|
(8) |
In den folgenden Kapiteln wird ... behandelt
|
(9) |
Im ersten Hauptteil des Buches geht es um die Frage ...
|
(10) |
Im weiteren Verlauf des Kapitels geht Keller auf die Frage ein ...
|
(11) |
Der nächste Punkt betrifft substantivische Lexeme
|
Die eigentlichen Themenangaben haben meist die Form eines komplexen
Nominalausdrucks wie in (1) und (2) und in den folgenden Beispielen:
(12) |
(Thema dieses Kapitels sind) die Verbindungen zwischen den verschiedenen
syntaktischen Ebenen
|
(13) |
(A stellt) die Grundzüge der X-bar-Theorie (dar)
|
(14) |
(A behandelt) die Frage, ob der Regelbegriff auf den Konventionsbegriff
zurückgeführt werden kann
|
Nach oben
TIPP |
Die Angabe der Funktion von Textteilen (Kapitel, Abschnitten) kann ein sehr
wichtiger Teil einer zusammenfassenden Textwiedergabe sein. Für die Leserin der
Zusammenfassung ist es eine wertvolle Information, zu wissen, was die Funktion
eines Texts oder Textteils im Ausgangstext ist. Sie weiß dann, wozu der
Autor das Kapitel oder den Abschnitt geschrieben hat.
|
Nach oben
In vielen Fällen kann man verhältnismäßig leicht die Funktion eines Kapitels
oder Abschnitts bestimmen. Bei Kapiteln wissenschaftlicher Texte werden
manchmal schon in der Kapitelüberschrift Funktionsangaben gemacht,
z.B.
(1) |
Kritik der Vorstellungstheorie
|
(2) |
Argumente für eine VP-interne Subjektspositition
|
In diesem Fall sehen die Autoren die Funktion der betreffenden Kapitel in einer
Kritik (1) oder darin, Argumente zu sammeln(2).
Manchmal macht der Autor auch selbst innerhalb des Texts Funktionsangaben, z.B.
als Ankündigung direkt vor dem betreffenden Abschnitt, wie in (3) und (4), oder
in der Einleitung, wie in (5):
(3) |
Die folgenden Abschnitte dienen einer kurzen Beschreibung der
Forschungslage.
|
(4) |
Wenden wir uns nun der Prüfung der Datenlage zu.
|
(5) |
"Kapitel 5 schließlich illustriert, daß die Sprache... nach
Ökonomieprinzipien organisiert ist" (Grewendorf 1995, 12).
|
In anderen Fällen muss man die Funktion eines Kapitels erschließen. Das gilt
auch für Abschnitte, die keine eigene Überschrift tragen. Hier muss man fragen,
was derAutor in diesem Kapitel oder Abschnitt macht bzw. welches Ziel er
verfolgt. Eine Antwort auf diese Frage könnte z.B. sein:
(6) |
Der Autor beschreibt den Forschungsstand im Bereich der
Bedeutungstheorie.
|
Nach oben
Die Beispielsätze (1) - (6) waren schon erste Beispiele für die Angabe der
Funktion eines Textteils. Weitere Beispiele für die Formulierung solcher
Angaben sind:
(7) |
Müller stellt Grundgedanken der Gebrauchstheorie dar.
|
(8) |
Der Autor diskutiert Probleme der kognitiven Semantik.
|
(9) |
Der Verfasser kritisiert die kognitive Semantik.
|
(10) |
Maier versucht den Begriff der Synonymie zu klären.
|
(11) |
Müller formuliert Einwände gegen die Vorstellungstheorie.
|
(12) |
Schulze bringt Argumente für die Abschaffung des Satzbegriffs vor.
|
(13) |
Keller gibt ein Beispiel für die Entstehung einer Regel.
|
(14) |
Das Kapitel ist ein Plädoyer für eine Gebrauchstheorie der Bedeutung.
|
Mit Formulierungen wie beschreiben, illustrieren, darstellen,
diskutieren, kritisieren, zu klären versuchen, Einwände formulieren, Argumente
vorbringen, ein Beispiel geben gibt man in einer Zusammenfassung wieder,
wie man als Leser des Ausgangstexts die Funktion des Kapitels oder Abschnitts
verstanden hat.
PROBLEM |
1. Bei Textzusammenfassungen wird häufig die Möglichkeit zusammenfassender
Funktionsangaben gar nicht genutzt. Der Leser der Zusammenfassung erfährt dann
nicht, welche Ziele der Autor des Ausgangstexts verfolgt.
|
PROBLEM |
2. Die Funktionsangaben in einer Zusammenfassung sind oft ungenau oder
unzutreffend, weil der Verfasser
- den Text/ Textabschnitt nicht richtig verstanden hat oder
- nicht die richtigen funktionskennzeichnenden Verben oder Substantive
gefunden hat.
|
TIPP |
Überlegen Sie sich genau, welche funktionskennzeichnenden Ausdrücke die Ziele
und sprachlichen Handlungen des Verfassers am besten treffen.
Ausführlichere Hinweise zu funktionskennzeichnenden Ausdrücken finden
Sie im Textbaustein "Problemtypen 6 - Redekennzeichnende Ausdrücke".
|
Nach oben
TIPP |
Neben dem Hauptthema und der Hauptfunktion eines Texts ist der thematische und
funktionale Aufbau die wichtigste Basisinformation, die man über einen Text
haben sollte. Deshalb empfiehlt es sich, diese Information in einer
Zusammenfassung als ersten Überblick zu geben.
|
Ein Beispiel
(1) |
Im ersten Teil des Buches skizziert der Autor die Forschungslage, macht auf
Lücken der Forschung aufmerksam und formuliert die Ziele seiner Arbeit. Im
zweiten Teil erläutert er seine theoretische Konzeption und stellt sein
Methodeninventar dar. Im dritten Teil präsentiert er Datenmaterial und wertet
seine Daten im Detail aus. In einem abschließenden Kapitel fasst der Autor die
wichtigsten Ergebnisse seiner Untersuchung zusammen.
|
In dieser kurzen Wiedergabe der thematischen und funktionalen Struktur eines
Buches erfahren wir,
- dass folgende Hauptthemen behandelt werden: die Forschungslage,
Lücken der Forschung, Ziele der Arbeit, eine theoretische Konzeption, ein
Methodeninventar, Datenmaterial, Untersuchungsergebnisse.
- dass Teile des Buches folgende Funktion haben: der Autor
beschreibt kurz ("skizziert") die Forschungslage, macht auf
Lücken der Forschung aufmerksam, formuliert seine Ziele,
erläutert seine theoretische Konzeption, präsentiert
Datenmaterial, wertet die Daten aus und fasst am Schluss
die Untersuchungsergebnisse zusammen.
Wir wissen nun, dass das Buch die typische Struktur einer empirischen
Untersuchung hat, die auf der Grundlage einer bestimmten theoretischen
Konzeption durchgeführt wurde. Ein solcher Text unterscheidet sich thematisch
und funktional stark von einem Buch, das eine neue theoretische Konzeption im
Kontrast zu anderen Theoriekonzeptionen entwickelt, wie im nächsten Beispiel.
TIPP |
Schon der allgemeine thematische und funktionale Aufbau eines Texts gibt
manchmal wichtige Hinweise auf die Forschungstradition oder die Art der
Untersuchung.
|
Nach dieser Wiedergabe wissen wir nun auch, wo wir bestimmte Dinge
finden, die uns vielleicht interessieren, etwa das Datenmaterial oder die
Theorie oder die Forschungslage oder die Zusammenfassung. Was wir noch nicht
wissen, ist, was der eigentliche Gegenstand der Untersuchung ist. Das könnte
die Struktur der Nominalphrase in der deutschen Gegenwartssprache sein oder die
Fragepraxis von Interviewern in Nachrichtensendungen der 80er Jahre.
Ein zweites Beispiel
In derselben Weise können wir auch den thematischen und funktionalen Aufbau
eines Buchkapitels oder eines Aufsatzes charakterisieren. Dafür ein
Beispiel zum Ausgangstext:
(2) |
In seinem Kapitel über Wittgensteins instrumentalistische Zeichenauffassung
stellt Keller die sog. Vorstellungstheorie der Bedeutung und die sog.
Gebrauchstheorie der Bedeutung einander gegenüber. Er macht zunächst auf einige
grundlegende Probleme der Vorstellungstheorie aufmerksam und erläutert dann die
Grundgedanken einer auf Wittgenstein zurückgehenden Gebrauchstheorie , von der
er zu zeigen versucht, dass sie den Einwänden gegen eine Vorstellungstheorie
nicht ausgesetzt ist. Zur Erläuterung des Bedeutungsbegriffs der
Gebrauchstheorie ("Die Bedeutung ist die Regel des Gebrauchs") interpretiert
Keller zunächst § 43 aus Wittgensteins "Philosophischen Untersuchungen". Daran
anschließend nennt er die wichtigsten Vorzüge einer Gebrauchstheorie und zeigt
abschließend an einem Beispiel, wie sich eine Gebrauchsregel einspielt und
welche Aspekte dieses Vorgangs für die Regelhaftigkeit grundlegend sind (eine
Verhaltensregularität, kollektives Wissen bezüglich dieser
Verhaltensregularität, eine Verhaltenserwartung, eine Verhaltensverpflichtung).
|
Auch hier bekommen wir Aufschluss über den Aufbau des Texts und darüber,
was die Funktion des Texts bzw. das Ziel des Autors ist, nämlich ein Plädoyer
für die Gebrauchstheorie zu liefern. Grundlegend für die Darstellung ist, nach
dieser Wiedergabe, die Gegenüberstellung der beiden Theorien, der
Vorstellungstheorie mit ihren Problemen und der Gebrauchstheorie mit ihren
Vorzügen, die -nach Auffassung des Autors - von den Problemen der
Vorstellungstheorie nicht betroffen ist. Die Interpretation von § 43 der PU
versucht zu zeigen, wie der Begriff der Gebrauchsregel als Zentralbegriff der
Wittgensteinschen Bedeutungsauffassung zu verstehen ist. Die Beschreibung des
Beispiels einer Regelentstehung schließlich soll plausibel machen, dass der
Regelbegriff genau das leistet, was er leisten soll, nämlich die
Interpretierbarkeit von Zeichen zu erklären.
Man könnte gegenüber (2) jetzt noch deutlicher machen, dass es sich um einen
stark argumentativen Text handelt. Argumente gegen die
Vorstellungstheorie (die "Probleme") und für die Gebrauchstheorie spielen eine
zentrale Rolle, und auch das abschließende Beispiel hat argumentativen
Charakter: Es soll beweisen, dass Gebrauchsregeln auf ganz natürliche Weise
entstehen und genau das leisten, was sie nach der gebrauchstheoretischen
Auffassung leisten sollen.
Nach oben
Bei einer Zusammenfassung kann es sinnvoll sein, besonders wichtige
Sätze des Ausgangstexts einzeln wiederzugeben. Bei der Wiedergabe von einzelnen
Sätzen eines Texts kann man folgende Aspekte der Verwendung eines Satzes
berücksichtigen:
- Die Funktion des Satzes
- Den mit dem Satz ausgedrückten Sachverhalt
- Die Form des Satzes selbst (einschließlich der in diesem Satz verwendeten
Wörter)
Gibt man den Satz unverändert wieder, spricht man von direkter Rede (Link),
gibt man die Funktion und den ausgedrückten Sachverhalt wieder, spricht man von
indirekter Rede (Link).
Nach oben
Jeder einzelne Satz eines Texts hat eine bestimmte Funktion. In vielen Fällen
ist es für das Verständnis eines Abschnitts entscheidend, ob man die Funktion
wichtiger Sätze richtig erkannt hat. Die Funktion von Satz (1) ist aufgrund der
Verwendung von weil relativ leicht zu erkennen. Man kann sie mit (2)
wiedergeben:
(1) |
Weil Sätze einer bestimmten Form auf unterschiedliche Art und Weise verwendet
werden können, muss man in der Kommunikationsanalyse zwischen Satzform und
Satzfunktion unterscheiden.
|
(2) |
Mit (1) begründet der Verfasser, warum man in der Kommunikationsanalyse
zwischen Satzform und Satzfunktion unterscheiden muss.
|
Die Funktion des Satzes (1) ist nach unserer Beschreibung eine
Begründung oder mit einem Verb ausgedrückt: Der Verfasser
begründet mit Satz (1) etwas. Häufig bezeichnet man die Funktion eines
Satzes in der Redeweise der sog. Sprechakttheorie auch als die sprachliche
Handlung, die mit diesem Satz vollzogen wird. Typische Ausdrücke, mit denen
man eine Funktion bzw. die Art einer sprachlichen Handlung angibt, sind verbale
Ausdrücke wie feststellen, behaupten, fragen, auffordern, erklären,
empfehlen, kritisieren, widersprechen, vorschlagen, einen Einwand machen
sowie die dazugehörigen Substantive Feststellung, Frage, Aufforderung,
Einwand etc. Diese Verben und Substantive bezeichnet man auch als
redekennzeichnende Ausdrücke.
Mit redekennzeichnenden Ausdrücken kann man unterschiedlich spezifische Angaben
über die Funktion eines Satzes machen. Sehr unspezifisch ist die Kennzeichnung
mit sagen oder äußern, wie in (3)
(3) |
Keller sagt, dass die Vorstellungstheorie nicht auf alle Arten von
Ausdrücken anwendbar ist.
|
Bei dieser Kennzeichnung muss sich der Leser selbst eine Deutung der Funktion
des Satzes im Ausgangstext suchen. Spezifischer und deshalb hilfreicher für den
Leser sind Kennzeichnungen wie in (4) und (5):
(4) |
Keller wendet gegen die Vorstellungstheorie ein, dass sie nicht
auf alle Arten von Ausdrücken anwendbar ist.
|
(5) |
Keller kritisiert an der Vorstellungstheorie, dass sie nicht auf alle
Arten von Ausdrücken anwendbar ist.
|
PROBLEM |
Ein häufiges Problem bei Zusammenfassungen ist die Wahl des richtigen
Verbs oder Substantivs zur Kennzeichnung der Funktion eines Satzes
(oder längeren Textstücks). (vgl. Textbaustein "Redekennzeichnende Ausdrücke".)
|
Nach oben
Nehmen wir an, in einem Text, der zusammengefasst werden soll, steht Satz (6).
Wenn dieser Satz besonders wichtig ist, könnte er in der Zusammenfassung
wiedergegeben werden, und zwar beispielsweise in der Form von (7):
(6) |
Wittgenstein ist ein Vertreter der Vorstellungstheorie.
|
(7) |
Der Verfasser behauptet, dass Wittgenstein ein Vertreter der
Vorstellungstheorie sei.
|
Mit dem untergeordneten dass-Satz in (7) geben wir den Sachverhalt
wieder, den der Verfasser hier behauptet. (Übrigens ist die mit (6) gemachte
Behauptung falsch.)
In der Alltagssprache sprechen wir manchmal vom Inhalt der Behauptung oder dem
ausgedrückten Gedanken. In der Sprechakttheorie spricht man hier vom
"propositionalen Gehalt" einer Behauptung. Bei der Wiedergabe von Fragen wird
der entsprechende untergeordnete Satz häufig mit ob eingeleitet (der
Autor fragt, ob diese Auffassung zutreffend sei), bei der Wiedergabe von
Begründungen, wie in (2) mit warum (warum man ... unterscheiden
muss).
PROBLEM |
Ein häufig auftretendes Problem bei der Wiedergabe eines im Ausgangstext
ausgedrückten Sachverhalts in Zusammenfassungen oder Hausarbeiten ist:
Die Angabe des ausgedrückten Sachverhalts ist nicht zutreffend oder nicht
ausreichend genau.
|
Dass die im Ausgangstext ausgedrückten Sachverhalte zutreffend wiedergegeben
werden, ist ein entscheidendes Qualitätskriterium für Zusammenfassungen. Da man
in der Formulierung des Sachverhalts meistens eigene Formulierungen wählt, muss
man genau überprüfen, ob diese Formulierungen auch den vom Verfasser gemeinten
Sachverhalt treffen. Zwei Beispiele aus studentischen Zusammenfassungen sollen
typische Probleme zeigen.
Erstes Beispiel
(8) |
Keller möchte in seinem Text die linguistische, d.h. die strukturalistische
Bedeutung der Sprache untermauern.
|
Diese Wiedergabe geht vermutlich auf den Satz zurück:
(9) |
"Ich werde dafür plädieren, Bedeutung, dem späten Wittgenstein folgend, auf der
linguistischen Ebene anzusiedeln" (Keller 1995, 61).
|
Schlecht ist, dass die in der Zusammenfassung (8) wiedergegebene Intention
Kellers z.T. frei erfunden ist, denn von "strukturalistischer Bedeutung" ist
bei Keller in diesem Zusammenhang nicht die Rede.
TIPP |
Für jede wiedergegebene Aussage muss man zeigen können, wo sie im Ausgangstext
gemacht wird
|
Zweites Beispiel:
(10) |
Keller vertritt die Auffassung, dass die Bedeutung den Aspekt der
Interpretation des Zeichens erklären soll.
|
Diese Wiedergabe geht auf folgenden Satz zurück:
(11) |
"Der Begriff der Bedeutung soll den Aspekt der Interpretierbarkeit des Zeichens
erklären" (Keller 1995, 61).
|
In (10) finden sich zwei Ungenauigkeiten, die die wiedergegebene Auffassung
Kellers (fast) sinnlos erscheinen lassen: Erstens spricht Keller an dieser
Stelle von der Funktion des "Begriffs der Bedeutung" in einer
Bedeutungstheorie und nicht von der Bedeutung und zweitens von der
"Interpretierbarkeit" und nicht von der Interpretation.
TIPP |
Für die Wiedergabe von zentralen Stellen des Ausgangstexts empfiehlt sich oft
eine Wiedergabe in direkter Rede.
|
Nach oben
Bei der Wiedergabe in direkter Rede, die man in wissenschaftlichen
Arbeiten als Zitieren bezeichnet, muss man sich zwei Fragen
beantworten:
- Wann zitiert man und was zitiert man?
- Wie zitiert man richtig?
a. Wann zitiert man und was zitiert man?
Diese Frage kann man beantworten, wenn man sich die Funktion der direkten
Rede und ihre Vor- und Nachteile klar macht.
Vorteile der direkten Rede:
- Die wörtliche Wiedergabe von Teilen des Ausgangstexts gibt ein
authentisches Bild von Formulierungen im Original. Deshalb ist sie besonders
dann nützlich, wenn man zentrale Aussagen des Autors wiedergeben will, für die
der Autor des Ausgangstexts besonders treffende oder eingängige Formulierungen
gefunden hat. (Es kann natürlich auch sein, dass man zitiert, um zu zeigen, wie
unsinnig die Formulierungen des Verfassers sind.)
- Die wörtliche Wiedergabe erspart es dem Wiedergebenden möglicherweise, eine
funktionale Kennzeichnung - und damit eine bestimmte Deutung - der
wiedergebenen Äußerung und eine eigene Formulierung für den ausgedrückten
Sachverhalt zu suchen. In dieser Hinsicht ist direkte Rede einfacher zu
schreiben als indirekte Rede.
- Bei wörtlicher Wiedergabe legt man sich nicht auf eine bestimmte Deutung
eines Satzes oder Textstücks im Ausgangstext fest, sondern nur darauf, dass der
Verfasser genau diese Worte verwendet hat. Direkte Rede ist also auch
risikoloser als indirekte Rede.
Nachteile der direkten Rede:
- Die direkte Rede hat auch Nachteile. Wenn man eine kurze Zusammenfassung
schreiben will, kann man nicht alles zitieren. Das widerspricht dem Prinzip der
Kürze. Man muss also auswählen und benötigt dazu Auswahlkritierien.
- Weiterhin bringen die zitierten Sätze ihren Zusammenhang im Originaltext
nicht mit, so dass man ihren ursprünglichen Zusammenhang im Text der
Zusammenfassung kenntlich machen muss.
- Wörtliche Zitate kann man auch dann bringen, wenn man den Text nicht
verstanden hat. Will man also zeigen, dass und wie man einen Ausgangstext
verstanden hat, muss man mit direkter Rede sparsam umgehen.
Ein Beispiel für eine nutzlose Verwendung der direkten Rede
Nehmen wir an, der Verfasser einer Zusammenfassung des Ausgangstextes möchte seinem
Leser mitteilen, dass Keller im Anschluss an sein Zitat des § 43 von
Wittgensteins "Philosophischen Untersuchungen" zwei mögliche Missverständisse
des § 43 ("zwei Fallen") behandelt. Hier wäre es kaum sinnvoll, die Ankündigung
Kellers in direkter Rede wiederzugeben, etwa folgendermaßen:
(12) |
Keller schreibt an dieser Stelle: "Widmen wir uns nun den beiden Fallen"
(Keller 1995, 63).
|
Diese Ankündigung lohnt die direkte Wiedergabe nicht. Sie erfüllt nicht die
entscheidende Grundbedingungen für die direkte Rede: Sie ist inhaltlich nicht
wichtig, denn sie signalisiert nur die Organisation des Texts an dieser Stelle.
Nehmen wir an, wir würden aber gerne die prägnante Formulierung mit dem
Ausdruck "Fallen" wiedergeben, dann könnten wir diese Formulierung
beispielsweise in Klammern hinzufügen und folgendermaßen formulieren: zwei
mögliche Missverständnisse ("zwei Fallen").
PROBLEM |
Probleme bei der Verwendung der direkten Rede:
Wer nur das Original zitiert, kann in seiner Zusammenfassung nur schwer einen
kurzen, aber zusammenhängenden Text produzieren und dabei sein Verständnis des
Texts zeigen. Die schwierigste Frage bei der Verwendung der direkten Rede ist,
wann direkte Rede notwendig oder nützlich ist.
|
TIPP |
Man sollte mit Zitaten sparsam umgehen. Man sollte den Ausgangstext vor allem
dann zitieren, wenn der Verfasser besonders treffende Formulierungen für
zentrale Aussagen des Texts gefunden hat. Aneinanderreihungen von Zitaten sind
meistens schlechte Zusammenfassungen.
|
b. Wie zitiert man richtig?
Beim Zitieren muss man vor allem vier Dinge beachten:
- Man muss das Zitat durch Anführungszeichen kennzeichnen.
- Man muss den zitierten Satz (die zitierten Sätze) ganz genau
(buchstabengetreu) wiedergeben.
- Man muss die Textstelle genau angeben, an der sich der betreffende Satz
findet (Autor, Text, Seitenzahl)
- Man muss den Zusammenhang des zitierten Satzes im Original kenntlich
machen.
Beispiel
Im Ausgangstext findet sich der Satz (13). In direkter Rede kann man ihn wie in
(14) wiedergeben:
(13) |
Der Gebrauch "fließt" nicht aus der Bedeutung, ist nicht eine Folge der
Bedeutung, sondern er ist die Bedeutung.
|
(14) |
Keller formuliert das folgendermaßen: "Der Gebrauch 'fließt' nicht aus der
Bedeutung, ist nicht eine Folge der Bedeutung, sondern er ist die
Bedeutung" (Keller 1995, 67).
|
Das Zitat muss buchstabengetreu sein. Es wird z.B. also auch die kursive
Hervorhebung von ist wiedergegeben. Ebenso die Anführungszeichen um
"fließt". (Allerdings gibt man die doppelten Anführungszeichen in der direkten
Rede als einfache Anführungszeichen wieder.)
Typische Einleitungsformeln für die direkte Rede sind:
(15) |
Dazu schreibt Keller: "..." (Keller 1995, 95).
|
(16) |
Seine Hauptthese formuliert der Verfasser folgendermaßen: "..." (Müller 1999,
27).
|
Ein Zitat in direkter Rede verwendet man dann, wenn die genaue Formulierung
besonders wichtig ist bzw. wenn der Autor eine besonders treffende Formulierung
für den betreffenden Sachverhalt gefunden hat.
Manchmal zitiert man auch nur einzelne Ausdrücke, die der Autor des
Ausgangstexts verwendet hat, z.B. folgendermaßen:
(17) |
Harweg spricht hier von "pronominaler Verkettung" (Harweg 1968, 57).
|
(18) |
Heringer bezeichnet diese Abfolgeregeln als "Sequenzmuster" (Heringer 1974, 60).
|
In den Beispielen (14) bis (18) ist jeweils der Zusammenhang der zitierten
Äußerung kurz angedeutet:
"Keller formuliert das folgendermaßen ..." (Hier ist die von Keller
formulierte Auffassung vorher schon angedeutet.)
"Dazu schreibt Keller ..." (Hier ist der thematische Zusammenhang vorher
schon genannt.)
"Harweg spricht hier von ...", "Heringer bezeichnet diese
Abfolgeregeln als ..." (In diesen Fällen sind jeweils die Gegenstände
vorher schon genannt, für die die von den Autoren eingeführten Termini in der
Zusammenfassung zitiert werden.)
PROBLEM |
Zwei Probleme bei der korrekten Wiedergabe in direkter Rede:
- Schlecht ist es zumeist, wenn die Wiedergabe nicht durch Anführungszeichen
und Einleitung gekennzeichnet ist. In diesem Fall weiß der Leser der
Zusammenfassung nicht, ob hier der Originaltext wiedergeben wird oder ob es
sich um eine Feststellung des Zusammenfassenden handelt.
- Schlecht ist es auch, wenn der Originaltext ist nicht genau wiedergegeben
wird. Damit kann man den Leser der Zusammenfassung grundlegend irreführen.
|
Zwei Beispiele für diese Probleme
Erstes Beispiel
(19) |
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bedeutungen etwas Greifbares
sind und sich nicht nur im Kopf befinden.
|
Dieser Satz gibt folgende Stelle auf S. 68 von Kellers Kapitel wieder:
(20) |
"Das Fazit ist: Bedeutungen sind nach diesem Konzept etwas sehr
Handliches. Sie sind weder im Kopf noch in der Seele [...]" (Keller 1995, 68).
|
Aus der Wiedergabe wird nicht deutlich, dass es sich bei (19) um die fast
wörtliche Übernahme von (20) aus dem Original handelt. Es könnte auch eine
Festellung des Zusammenfassenden sein. Übrigens enthält die fast wörtliche
Übernahme einen grundlegenden Fehler: Nach Keller befinden sich Bedeutungen
überhaupt nicht im Kopf, in der Wiedergabe heißt es "nicht nur im Kopf".
Hier wäre die gekennzeichnete Wiedergabe des Originals in direkter Rede die
bessere Lösung.
Zweites Beispiel
Die Wiedergabe als Zitat muss Wort für Wort präzise sein. Auch dafür ein
Beispiel. (21) ist ein Originalsatz aus Keller (1995), und (22) ist eine (nicht
ganz genaue) Wiedergabe in direkter Rede.
(21) |
Die Bedeutung des Turms zu kennen, ist etwas anderes, als den Sinn eines
bestimmten Zuges zu verstehen (Keller 1995, 66).
|
(22) |
Keller stellt fest: "Die Bedeutung des Turms zu kennen, ist etwas Anderes, als
die Bedeutung eines bestimmten Zuges zu verstehen" (Keller 1995, 66).
|
Hier hat der Zusammenfassende in (21) den Ausdruck Sinn des Originals im
Zitat durch Bedeutung ersetzt. Das erscheint zunächst harmlos, ruiniert
aber den Sinn dieser Stelle. Denn Keller verwendet den Ausdruck Sinn
ganz anders als den Ausdruck Bedeutung: Die Bedeutung eines Ausdrucks
ist nach Keller seine Gebrauchsregel, der Sinn einer bestimmten Äußerung ist
das, was der Sprecher mit dieser Äußerung meint. Und genau diese Unterscheidung
ist die Pointe des Satzes (20). Ein minimales Detail: Keller schreibt in alter
Rechtschreibung ("etwas anderes"), während der Wiedergebende ihm "neue"
Rechtschreibung unterschiebt ("etwas Anderes"). Auch das ist nicht korrekt. Das
Buch ist 1995 veröffentlicht, vor der letzten Rechtschreibreform, und muss also
auch in der "alten" Rechtschreibung zitiert werden.
Nach oben
Die Wiedergabe in indirekter Rede hat drei Hauptkennzeichen, die
allerdings nicht immer alle drei verwendet werden müssen:
- Ein redekennzeichnendes Verb zur Funktionsangabe im übergeordneten Satz:
(1) |
Keller betont, dass der Gebrauch nicht eine Folge der Bedeutung sei,
sondern die Bedeutung selbst (Keller 1995, 67).
|
- Ein Einleitewort zur Einleitung des untergordneten Satzes:
(2) |
Keller betont, dass der Gebrauch nicht eine Folge der Bedeutung,
sondern die Bedeutung selbst sei (Keller 1995, 67).
|
- Die Verwendung des Konjunktivs im untergeordneten Satz:
(3) |
Keller betont, dass der Gebrauch nicht eine Folge der Bedeutung,
sondern die Bedeutung selbst sei (Keller 1995, 67).
|
PROBLEM |
Problem Konjunktiv:
Neben der Wahl des treffenden redekennzeichnenden Ausdrucks (vgl. 2.4.1) ist
ein Hauptproblem bei der indirekten Rede die Frage, wann und wie man den
Konjunktiv verwendet.
|
- Allgemein gilt: Der Konjunktiv ist notwendig bei der indirekten Rede,
- wenn der untergeordnete Satz nicht durch ein Einleitewort gekennzeichnet
ist, wie in (4), oder
- wenn die indirekte Rede in einem Hauptsatz (ohne redekennzeichnendes Verb)
weitergeführt wird, wie in (5):
(4) |
Keller betont, der Gebrauch sei nicht eine Folge der Bedeutung (Keller 1995,
67).
|
(5) |
Keller weist besonders darauf hin, dass der Gebrauch nicht eine Folge der
Bedeutung ist. Der Gebrauch sei die Bedeutung selbst (Keller 1995, 67).
|
- Grundsätzlich gilt der Konjunktiv I zur Kennzeichnung der indirekten
Redewiedergabe als korrekt:
(6) |
Maier betont, dass die Kognitive Semantik von den Einwänden gegen die
Vorstellungstheorie nicht betroffen sei
|
Ist die Form des Konjunktiv I nicht von der Form des Indikativ Präsens zu
unterscheiden, wählt man als Ersatz den Konjunktiv II, also (8)
statt (7):
(7) |
Maier betont, dass die Einwände gegen die Vorstellungstheorie die Kognitive
Semantik nicht betreffen (Indikativ Präsens/ Konjunktiv I)
|
(8) |
Maier betont, dass die Einwände gegen die Vorstellungstheorie die Kognitive
Semantik nicht beträfen (Konjunktiv II)
|
Ist die Form des Konjunktiv II ungebräuchlich, kann man als Ersatz die
würde-Form verwenden, also (10) statt (9):
(9) |
Maier kritisiert, dass diese Bemerkungen über das Ziel hinaus schössen.
|
(10) |
Maier kritisiert, dass diese Bemerkungen über das Ziel hinaus schießen
würden.
|
- Allerdings ist in wissenschaftlichen Texten der Gebrauch des
Indikativs in der indirekten Rede verbreitet. Beispielsweise ist (11) eine
völlig akzeptable Redewiedergabe:
(11) |
Maier betont, dass die Kognitive Semantik von den Einwänden gegen die
Vorstellungstheorie nicht betroffen ist.
|
Typische Wiedergabeformeln, in denen der wiedergegebene Sachverhalt nicht in
einem untergeordneten Satz (also auch ohne Konjunktiv) ausgedrückt wird, sind
(12) bis (14):
(12) |
Nach Keller ist der Gebrauch nicht eine Folge der Bedeutung (vgl. Keller
1995, 67).
|
(13) |
Wie Keller betont, ist der Gebrauch nicht eine Folge der Bedeutung (vgl.
Keller 1995, 67).
|
(14) |
"Chomsky zufolge heißt eine Sprache kennen in einem bestimmten mentalen
Zustand sein" (Grewendorf 1995, 85).
|
- Wegen der verbreiteten Verwendung des Indikativs in der indirekten Rede
kann man - in Verbindung mit bestimmten redekennzeichnenden Ausdrücken - den
Konjunktiv I auch zur Distanzierung verwenden. Wenn ich signalisieren
möchte, dass ich mich auf die Auffassung Maiers nicht festlegen lassen möchte,
kann ich das mit (15) oder (16) tun:
(15) |
Maier behauptet, dass die Kognitive Semantik von den Einwänden gegen die
Vorstellungstheorie nicht betroffen sei.
|
(16) |
Maier vertritt die Auffassung, dass die Kognitive Semantik von den
Einwänden gegen die Vorstellungstheorie nicht betroffen sei.
|
Vorsicht ist geboten bei redekennzeichnenden Ausdrücken, bei denen man
sich auf die Sichtweise des wiedergegebenen Autors festlegt wie bei
zeigen in (17):
(17) |
Maier zeigt, dass die Kognitive Semantik Probleme der
Vorstellungstheorie vermeidet.
|
Will man sich nicht darauf festlegen, dass man die Auffassung des Autors teilt,
muss man eine Formulierung wie (18) wählen:
(18) |
Maier versucht zu zeigen, dass die Kognitive Semantik Probleme der
Vorstellungstheorie vermeidet.
|
Nach oben
Weiter zum Problemtyp Referenzprobleme.
|