Schreibkompetenz: Zusammenfassungen
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Institut für Germanistik
Gerd Fritz
 

7. Musterlösung - Textzusammenfassung

Keller, Rudi: Zeichentheorie. Zu einer Theorie semiotischen Wissens. Tübingen/ Basel: Francke Verlag 1995. Kap. 6: Wittgensteins instrumentalistische Zeichenauffassung (S. 58-70).

In diesem Kapitel diskutiert Keller Probleme einer Vorstellungstheorie der Bedeutung und führt im Kontrast dazu die Grundgedanken einer Gebrauchstheorie der Bedeutung ein. Einleitend formuliert er sieben suggestive Fragen bzw. Bemerkungen, mit denen er auf Schwierigkeiten der Vorstellungstheorie aufmerksam machen will, z.B. das Problem, dass die Vorstellungstheorie nicht plausibel auf Konjunktionen wie ob oder auf rein bewertende Ausdrücke wie gut anwendbar ist, oder das Problem, dass man die Synonymie von fast und beinahe nicht dadurch überprüfen kann, dass man die damit verbundenen Vorstellungen vergleicht. Kellers Fazit dieser kritischen Überlegungen ist, dass Vorstellungen "für die Kommunikation nicht die Rolle [spielen], die ihnen die Vorstellungstheorie beimißt" (S. 60). Allgemeiner kritisiert er die Vorstellungstheorie als Beispiel einer "Stellvertretertheorie", die annimmt, "daß Zeichen für etwas stehen" (60). Theorien dieser Art können seiner Auffassung nach keine Antwort auf die Frage geben, "wie dieses Repräsentationsverhältnis hergestellt und aufrechterhalten wird" (60).
Eine Bedeutungsauffassung, die nach Keller diese Probleme vermeidet, ist die "Gebrauchstheorie der Bedeutung", deren Grundgedanken auf den Philosophen Ludwig Wittgenstein zurückgehen. Keller beginnt seine Einführung einer Gebrauchstheorie mit einer Interpretation des § 43 von Wittgensteins "Philosophischen Untersuchungen", der die Formulierung enthält: "Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache". Dabei macht Keller auf zwei mögliche Fehldeutungen dieses Paragraphen ("zwei Fallen") aufmerksam. Die Aufklärung des zweiten Missverständisses führt ihn zu der Auffassung, "daß mit dem Ausdruck Gebrauch nicht einzelne Gebrauchsinstanzen gemeint sein können, sondern [...] die Regel des Gebrauchs" (S. 65). Zur Interpretation zieht Keller weitere Paragraphen aus den "Philosophischen Untersuchungen" heran, in denen Wittgenstein die Funktion von Wörtern mit der Funktion von Werkzeugen (PU § 11) und ihre Bedeutung mit der Rolle einer Spielfigur in einem Spiel vergleicht (PU § 536). Der Hinweis auf den Werkzeugvergleich macht auch verständlich, warum Keller Wittgensteins Zeichenauffasung als "instrumentalistisch" bezeichnet. Als Beispiele für Gebrauchsregeln erwähnt Keller, dass man im Deutschen mit der Verwendnung von Nein negativ gestellten Fragen beipflichten kann (Gibt es in Andorra keine Universität? - Nein) und dass man Mähre verwendet, "um eine gewisse Geringschätzung [eines Huftiers einer bestimmten Gattung] zum Ausdruck zu bringen" (S. 67). Diesen Teil des Kapitels schließt Keller mit einer Liste von fünf Vorteilen ab, die die Wittgensteinsche Bedeutungskonzeption seiner Meinung nach allen anderen Bedeutungskonzeptionen gegenüber hat. Zu den von ihm genannten Vorteilen gehört es, dass man nach dieser Konzeption die Bedeutung eines Wortes lernen kann wie den Gebrauch des Turms im Schachspiel und dass man auch überprüfen kann, ob jemand die Bedeutung eines Wortes beherrscht, "ohne ihm in den Kopf oder in die Seele schauen zu müssen" (68). Dementsprechend könne man Bedeutungen auch ohne Blick in den Kopf untersuchen, durch rein linguistische Methoden wie Kommutationsproben, Implikationstests etc. Sein Fazit dieses Abschnitts ist, dass Bedeutungen, im Gegensatz zur vorstellungstheoretischen Sichtweise, nicht im Kopf lokalisiert seien. Abschließend gibt Keller ein fiktives Beispiel dafür, wie eine Gebrauchsregel entstehen kann (der Gebrauch einer gelben Krawatte zum Signalisieren, dass man eine Erkältung hat). Er führt dabei folgende vier Aspekte einer Regel ein: (i) eine Verhaltensregularität, (ii) kollektives Wissen bezüglich der Verhaltensregularität, (iii) eine Verhaltenserwartung in der Population, (iv) eine Verhaltensverpflichtung (S. 70).

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