Schreibkompetenz: Protokolle
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Institut für Germanistik
Gerd Fritz
 

4. Seminarprotokoll: Positivbeispiel

Justus-Liebig-Universität Gießen
FB 05: Sprache, Literatur, Kultur
Institut für Germanistik: Arbeitsbereich Sprachwissenschaft/ Mediävistik
Veranstaltung: Proseminar "Deutsche Grammatik"
Termin: SoSe 2004, Di 10 - 12
Seminarleitung: Prof. Dr. Karl Maier
Protokollantin: Berta Beispiel
M.A. Germanistik/ Politik, 5. Semester
Berta.Beispiel@germanistik.uni-giessen.de


Protokoll der Veranstaltung vom 11. 5. 2004

Thema der Sitzung: Syntaktische Grundbegriffe und Methoden


Wiederholung von der letzten Sitzung: Gegenstand der Syntax ist der Bau von Wortgruppen und Sätzen. Dabei steht der grammatische Aufbau des Satzes im Vordergrund. Für die Gewinnung und Begründung von Kategorien zur Analyse von Sätzen dienen bestimmte operationale Verfahren.

Es gibt zwei Organisationsebenen von Sätzen:
a) lineare Struktur (in der geschriebenen Form optisch sichtbar)
b) hierarchische Struktur (muss durch Analysen ermittelt werden)
Die hierarchische Struktur wird durch die schrittweise Teilung des Satzes sichtbar gemacht.

Die Hypothese dabei lautet: Was im Satz nahe zusammen gehört, bildet eine Einheit und gehört zu einer gemeinsamen Strukturebene. Um die Intuitionen über das Zusammengehören zu stützen, werden bestimmte Analysemethoden angewandt.

Prof. Maier stellt syntaktische Analyseverfahren dar:


1. Syntaktische Analyseverfahren

1.1 Konstituentenanalyse

Problem/ Frage: In welche Teile kann der Satz nach welchen Kriterien zerlegt werden?
Einführung des Konstituentenbegriffs: Teile eines Satzes, die man nach bestimmten Prinzipien verschieben und vertauschen kann, werden als Konstituenten bezeichnet.
Eine Darstellungsform der Konstituentenstruktur: der Analysebaum (s. Anhang, Tafelbild 1)

Analysebaum: Er stellt dar, wie sich der Satz in mehreren Schritten teilen lässt. Er zeigt die hierarchische Struktur des Satzes.


1.2 Permutationstest (Verschiebetest)

Er stellt den ersten Schritt der Analyse der hierarchischen Struktur dar und wird auf der ersten Ebene des Analysebaums angewendet.

Problem/ Frage: Welche Konstituenten kann man auf der ersten Teilungsebene unterscheiden?
Testprinzip: Was zusammen verschoben werden kann, bildet eine Konstituente. (Die zweite Konstituente auf der ersten Ebene ist im Verb-Zweit-Satz immer das finite Verb.)
Funktion: Der Test zeigt an, welche Wortgruppen eine Konstituente bilden.

Beispielsatz:
(1)  Die Katze schläft gerne auf dem Sofa
Ergebnis: Auf der ersten Teilungsebene lassen sich bei dem Beispielsatz vier Konstituenten feststellen (Die Katze, schläft, gerne, auf dem Sofa).

Prof. Maier erläutert eine besondere Form des Permutationstests, den sog. "Vorfeldtest."


1.3 Vorfeldtest

Begriffsklärung: Als Vorfeld wird die Position vor dem Verb in Verb-Zweit-Stellung bezeichnet.
Frage: Welche Konstituenten sind sog. Satzglieder?
Testprinzip: Konstituenten, die die Vorfeldposition besetzen können, sind Satzglieder.
Vorgehen: Bei diesem Test wird geprüft, welche Konstituenten ins Vorfeld gestellt werden können.
Ergebnis: Der Beispielsatz (1) enthält drei Satzglieder. (s. Anhang, Tafelbild 2)

Bei der weiteren Analyse auf der nächsten Teilungsebene wird ein weiteres Testverfahren benötigt, um die Konstituenten zu ermitteln, der Pronominalisierungstest, eine Form des Kommutationsstests.


1.4 Pronominalisierungstest

Frage: Wie können die noch ungeteilten Elemente des Satzes in Konstituenten geteilt werden?
Regel: Alle Teile, die durch ein Pronomen ersetzt werden können, sind Konstituenten
Vorgehen: es wird versucht, eine Wortgruppe innerhalb des Satzes durch ein Pronomen zu ersetzen (s. Anhang, Tafelbild 3)
Ergebnis: Die Konstituente auf dem Sofa kann in die Konstituenten auf und dem Sofa zerlegt werden.


2. Konstituentenkategorien

Die Konstituenten lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen. Konstituenten, die in derselben Position kommutieren, d.h. gegeneinander ausgetauscht werden können, gehören zur selben Kategorie.

Man unterscheidet Phrasenkategorien (z.B. Nominalphrase) und Wortkategorien (z.B. Verb oder Adjektiv (s. Anhang)

Die hierarchische Struktur eines Satzes mit der Angabe der syntaktischen Kategorien der Konstituenten wird mit Hilfe eines etikettierten Baumes dargestellt. (s. Anhang, Tafelbild 4)


3. Besonderheiten der Konstituentenstruktur

3.1 Strukturelle Mehrdeutigkeit

Manchmal können einer linearen Struktur mehrere hierarchische Strukturen zugeordnet werden (sog. "strukturelle Mehrdeutigkeit"). Je nachdem, wie man die hierarchische Struktur eines Satzes in Konstituenten aufschlüsselt, versteht man den Satz auf die eine oder die andere Weise. Prof. Maier veranschaulicht dieses Phänomen anhand des Beispielsatzes (2):
(2)  Gerne schläft die Katze auf dem Sofa
(die Strukturanalyse findet sich im Anhang, Tafelbild 5). Das Beispiel macht deutlich, dass das Erkennen der hierarchischen Struktur wichtig für das Verstehen von Sätzen ist.


3.2 Diskontinuierliche Konstituenten

Im Beispielsatz (3) (vgl. Tafelbild 6 im Anhang) bildet der Verbkomplex eine Satzklammer, ist auf zwei Positionen im Satz verteilt.
(3)  Die Katze hat gerne auf dem Sofa geschlafen
Eine solche Struktur wird als "diskontinuierliche Konstituente" bezeichnet. Wenn das finite Verb nicht wie im Beispielsatz in Zweitstellung, sondern in Verb-Letzt-Position steht, wird die Diskontinuität aufgehoben (4):
(4)  dass die Katze gerne auf dem Sofa geschlafen hat


Hausaufgabe zur nächsten Woche

Jeder Teilnehmer der Seminarsitzung soll ein Protokoll dieser Sitzung anfertigen und in der folgenden Sitzung abgeben.

_______________________________ Datum, Unterschrift der Protokollantin


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Anhang

Tafelbild 1: Analysebaum/ Konstituentenbaum

Tafelbild 2: Permutationstest/ Vorfeldtest

Tafelbild 3: Kommutationstest/ Ersetzungstest

Unterscheidung von syntaktischen Kategorien

Die Katze: Nominalphrase (NP) (Phrasenkategorie)
schläft: Verb (V) (Wortkategorie)
gerne: Adverb (ADV) (Wortkategorie)
auf (dem Sofa):          Präpositionalphrase (PP) (Phrasenkategorie)
dem Sofa: Nominalphrase (NP) (Phrasenkategorie)

Tafelbild 4: Etikettierter Baum

Tafelbild 5: Strukturelle Mehrdeutigkeit

Tafelbild 6: diskontinuierliche Konstituenten


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