zu 4. Aufbau und Darstellungsformen des Texts - Musterlösungen
Keller, Rudi (1995): Zeichentheorie. Zu einer Theorie semiotischen Wissens.
Tübingen/ Basel: Francke Verlag. Kapitel 6: "Wittgensteins instrumentalistische
Bedeutungsauffassung" (S. 58-70).
Themen und Funktion(en) der einzelnen Abschnitte
- Thema: Probleme der Vorstellungstheorie
Funktion: Keller macht auf Probleme der Vorstellungstheorie aufmerksam,
indem er
- sieben suggestive Fragen stellt bzw. Bemerkungen macht und
- die Probleme ausführt, die die Fragen/ Bemerkungen
andeuten sollen.
- Thema: der Begriff der Bedeutung
Funktion: Klären, was der Bedeutungsbegriff leisten soll
- Thema: Wie Wittgensteins Auffassung zur Bedeutung sprachlicher Zeichen in
seinem Werk dargestellt ist.
Funktion: Verdeutlichen, dass es eine fertige Gebrauchstheorie in
Wittgensteins Werk nicht gibt.
- Abschnitte 4-8: Interpretation von § 43 der "Philosophischen
Untersuchungen" (1953)
Abschnitt 4: Thema: Wittgensteins Auffassung von der Rolle der
hinweisenden Definition
Funktion: Interpretation des letzten Satzes von § 43
- Thema: ein erstes mögliches Missverständnis von § 43
Funktion: Ausräumung eines ersten Missverständnisses ("eine große
Klasse von Fällen der Benutzung des Wortes 'Bedeutung'")
- Thema: ein zweites mögliches Missverständnis von § 43
Funktion: Ausräumung eines zweiten Missverständnisses (die
Gleichsetzung von Bedeuten und Meinen)
- Thema: Wittgensteins Auffassung in § 43
Funktion: Zusammenfassung der Interpretation
- Thema: Wittgensteins Bedeutungsbegriff
Funktion: Begründung der vorgelegten Interpretation durch Verweis auf
weitere Erläuterungen und Vergleiche in Wittgensteins Werk
- Thema: Wahrheitsbedingungen und andere Gebrauchsbedingungen
Funktion: Erläuterung des Begriffs der Gebrauchsregel
- Thema: Vorteile der gebrauchstheoretischen Bedeutungskonzeption
Funktion: Zusammenfassung der Vorteile der Gebrauchstheorie
- Thema: Farbsymbolik
Funktion: Ein Beispiel für die Regelhaftigkeit des Gebrauchs
- Thema: Genese der Bedeutungshaftigkeit einer Farbe
Funktion: Ein Beispiel für die Entstehung einer Regel
Zentralbegriffe im Text (eine Auswahl)
- Begriff des sprachlichen Zeichens
- Begriff der Bedeutung
- Begriff der Vorstellung
- Begriff des Gebrauchs (der Funktion, der Rolle)
- Regelbegriff
- Begriff der Verhaltensregularität (S. 69/ 70)
- Begriff des kollektiven Wissens (S. 70)
Fünf Hauptgedanken
- Vorstellungen spielen für die Kommunikation nicht die Rolle, die ihnen die
Vorstellungstheorie beimisst (Fazit: S. 60)
- Der Begriff der Bedeutung soll den Aspekt der Interpretierbarkeit des
Zeichens erklären. (S. 61)
- Die Bedeutung eines Ausdrucks ist die Regel seines Gebrauchs in der Sprache
(S. 67)
- Bedeutungen sind nicht im Kopf (gegen Vorstellungstheoretiker und andere
kognitive Semantiker)(Fazit S. 68)
- Eine Regel hat folgende wichtige Aspekte (S.69f.):
- Es gibt eine Verhaltensregularität.
- Es gibt kollektives Wissen bezüglich der Verhaltensregularität
- Es gibt eine gewisse Verhaltenserwartung.
- Resultierend aus (iii) gibt es eine gewisse
Verhaltensverpflichtung.
Einige Autoren, Auffassungen, Wissenschaftsrichtungen, die der Autor
erwähnt
Autoren
- Ludwig Wittgenstein
- Gottlob Frege
- Ernst Tugendhat (Fn. 89, 90)
- Platon
- George Pitcher (formuliert das erste Missverständnis, S. 63)
- Manfred Bierwisch (benutzt die zweite Fehldeutung)
Wissenschaftliche Auffassungen (es werden keine Namen von Vertretern dieser
Auffassungen genannt)
- Vorstellungstheorie
- Merkmalssemantiker (S. 68, S. 70)
- wahrheitsfunktionale Semantik (Anspielung S.67)
Kritik an Auffassungen/ Theorien
Keller kritisiert
- die sog. Vorstellungstheorie als einBeispiel für eine
repräsentationistische Theorie.
Er versucht zu zeigen, dass diese Theorie nur einen eingeschränkten
Anwendungsbereich hat. Wichtiger noch: Er versucht sie ad absurdum zu führen,
indem er zeigt dass sie nicht funktioniert, weil ihre Anwendung zu zirkelhaften
Erklärungen (einen sog. Regress) führt.
Diese Kritik bereitet die Darstellung der von ihm vertretenen
Gebrauchstheorie vor, von der er annimmt, dass sie eigen alle diese Mängel
nicht hat. (S. 68).
- die sog. Merkmalssemantik durch eine Anspielung am Rande (S. 68)
und eine kleine Parodie auf S. 70.
Interpretation einer Textstelle eines anderen Autors
Keller interpretiert § 43 der "Philosophischen Untersuchungen" von Ludwig
Wittgenstein.
Er zeigt zwei mögliche Missverständnisse dieses Paragraphen und belegt seine
eigene Deutung durch Zitate aus Werken Wittgensteins (S. 62-66). Diese
Interpretation dient der Einführung von Grundgedanken der sog. Gebrauchstheorie
der Bedeutung.
Eine wichtige Rolle spielen Beispiele an folgenden Stellen:
- Beispiele für das Nicht-Funktionieren der Vorstellungstheorie (S.
58-60). Diese Beispiele liefern Argumente gegen die Brauchbarkeit der
Vorstellungstheorie.
- Beispiele für Aspekte der Gebrauchsregeln (S. 67).
- Beispiel für die Entstehung einer Regel (Konvention): das
Krawattenbeispiel (S. 69f.). Dieses Beispiel wird dazu benutzt, wichtige
Aspekte einer Regel einzuführen (vgl. Lösung zu Aufgabe 3.).
Thema des Kapitels
Nach Kellers Kapitelüberschrift ist das Hauptthema des Kapitels "Wittgensteins
instrumentalistische Zeichenauffassung". (Dieses Thema kontrastiert mit dem
Thema des vorhergehenden Kapitels: "Freges repräsentationistische
Zeichenauffassung").
Wenn man berücksichtigt, dass nur Grundgedanken dieser Bedeutungsauffassung
dargestellt werden, könnte man das Thema auch formulieren als "Grundgedanken
der Gebrauchstheorie der Bedeutung".
Sieht man den Schwerpunkt des Kapitels darin, die Vorteile der Gebrauchstheorie
gegenüber anderen Theorien zu zeigen, könnte man das Thema auch formulieren als
"Vorzüge einer Gebrauchstheorie der Bedeutung". An dieser Möglichkeit
unterschiedlicher Formulierungen erkennt man, dass die Formulierung eines
Themas für einen Text oder ein Textstück davon abhängt, worin man die Pointe
des Texts sieht.
Funktion des Kapitels
In diesem Kapitel entwickelt Keller, ausgehend von einer Kritik an der
Vorstellungstheorie, die exemplarisch für die Kritik an repräsentationistischen
Bedeutungstheorien ist, die Grundgedanken der Gebrauchstheorie der Bedeutung.
Wenn man berücksichtigt, dass Keller im weiteren Verlauf des Buches aus der
Position einer Gebrauchstheorie argumentiert, sieht man, dass dieses Kapitel
eine vorbereitende Rolle für das Verständnis der weiteren Kapitel spielt.
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